Seit 1. Januar ist der Energieausweis Pflicht für Häuser und Wohnungen, die nach 1965 gebaut worden sind. Bei jeder Neuvermietung und jedem Verkauf muss er vorliegen. Nicht jeder Ausweis enthält jedoch klare Angaben über Energieeffizienz und Verbrauch. Manche Gebäude sind besser geschützt als vermutet
Wer bisher noch gezweifelt hat, welchen Sinn der neue Energieausweis haben soll, dem zeigt es der kalte Winter. Bei zweistelligen Minustemperaturen ist die Heizung in manchen Gebäuden im Dauerbetrieb. Der Zähler läuft, und trotz sinkender Energiepreise dürfte dieser Januar teurer werden als gewöhnlich. Besonders beim Kauf einer Immobilie oder bei Abschluss eines Mietvertrags sollte daher jeder wissen, welche Energiekosten auf ihn zukommen. Ist das Haus gut gedämmt, die Heizung auf dem neuesten Stand?
Mit Inkrafttreten der nächsten Stufe der "Energieeinsparverordnung" am 1. Januar müssen nun auch Eigentümer von Häusern und Wohnungen ab dem Baujahr 1966 einem potenziellen Mieter oder Käufer auf dessen Wunsch einen Energiepass vorlegen. Bisher gab es diese Pflicht nur für ältere Häuser. Allerdings hat sich der Ausweis kaum durchgesetzt. So ist erst für die Hälfte aller Wohnungseigentümergemeinschaften bisher ein Ausweis ausgestellt worden. Das zumindest ergab eine Befragung des Vereins "Wohnen im Eigentum". Für die Umfrage wurden in etwa 5000 Wohnungseigentümer angeschrieben. Knapp 50 Prozent der befragten Wohnungseigentümer erklärten, ein Energieausweis sei für ihr Haus noch nicht ausgestellt - oder ihnen sogar unbekannt.
Die andere Hälfte gab an, dass für ihr Gebäude der Ausweis bereits ausgestellt sei - in 60 Prozent der Fälle als Verbrauchsausweis, der sich an dem Verbrauch in den vorangegangenen drei Jahren orientiert, in 40 Prozent als Bedarfsausweis (siehe Kasten).
Ähnliches hatte auch eine Umfrage des Berliner Mietervereins Ende August gezeigt: In 38 Prozent der Fälle war der Energieausweis gänzlich unbekannt oder nicht vorhanden, und bei 34 Prozent der Befragten wurde er erst auf Nachfrage als "vorhanden" bezeichnet. Elf Prozent der Wohnungsanbieter wollten ihn erst bei einer Besichtigung präsentieren - oder sogar an einem anderen Ort als der angebotenen Wohnung. In fast jedem zehnten Fall der Bewerbungen führte die Nachfrage sogar zu einem Ausschluss des Bewerbers, weil man einen rechtskundigen Mieter nicht wünscht. Motto: Wer einen Energiepass sehen will, wird später wohl auch die Betriebskostenabrechnung genauer unter die Lupe nehmen. "Die Auswertung hat gezeigt, dass der Energieausweis nicht das Instrument wurde, das er sein soll, sondern sogar Menschen bei der Wohnungssuche aus dem Kreis der Bewerber katapultieren kann. Damit droht der Energieausweis zu einem Anmietungshindernis für die Mieter zu werden", sagt Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins.
Anders sieht es aus, wenn der Vermieter im Zuge allgemein gestiegener Mieten seine Miete erhöhen möchte. Verlangt der Mieter dann Einsicht in den Energieausweis und stellt sich heraus, dass das Haus mangelhafte Energieeffizienz aufweist, könnte sich der Mieter weigern. Das Argument könnte lauten: Durch nicht umgesetzte Modernisierungsmaßnahmen sei der Mietwert nicht gestiegen, sondern gefallen.
Eigentümer mit veralteten Neubauten, die nach 1966 errichtet wurden, geraten nun unter Druck. Während Wohnungen in Altbauten in den Innenstädten noch gefragt sind, müssen sich Vermieter in Großsiedlungen am Stadtrand etwas einfallen lassen. Denn zu den Kriterien schlechte Lage und mangelnder Wohnkomfort kommt jetzt noch die schlechte Note im Energieausweis. "Wir glauben, dass der Energieausweis in diesem Jahr seine Kraft voll entfalten wird", sagt Stephan Kohler, Geschäftsführer Deutsche Energie-Agentur (Dena). Die Agentur verzeichnet auf ihrer Website monatlich rund 100 000 Suchanfragen nach Ansprechpartnern, die einen Energieausweis ausstellen dürfen - Schornsteinfeger, Architekten und Ingenieure.
Wer sich allerdings auf eigene Faust im Internet nach einem Anbieter umsieht, sollte vorsichtig sein. So hat eine Überprüfung von Online-Anbietern durch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im Dezember ergeben, dass gerade per Internet viele ungültige Dokumente ausgestellt werden. Vielfach wurde in den Ausweisen nicht auf Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen eingegangen, damit sind sie unvollständig. "Mit größerer Markttransparenz ist aber damit zu rechnen, dass die Menschen wissen, worauf zu achten ist", sagt Kohler.
Auch eine Wärmebildkamera kann helfen, schlecht gedämmte Stellen in der Hauswand zu finden. Solche Kameras kann man auch mieten. Die Jahreszeit ist ideal, um mithilfe der Thermografie selbst die Stellen am Gebäude zu finden, über die besonders viel Wärme entweicht. Am besten morgens, denn so ist ausgeschlossen, dass die Sonne für einige Stunden eine Fassade aufgewärmt hat, was das Ergebnis verfälscht - ein beliebter Trick mancher Baufirmen, um an Aufträge zu kommen.